WISSEN


ADDITIVE FERTIGUNG

Bildquelle: Pixel B/shutterstock.com

01.11.2022 | Additive Fertigung

MÖGLICHKEITEN UND POTENZIALE IN DER ADDITIVEN FERTIGUNG - TEIL 1/4


Ein Einblick in die Welt der additiven Fertigung und dem Workflow zur Nutzung additiver Fertigungsverfahren

Die Welt der additiven Fertigung scheint mittlerweile unermesslich zu sein. Unzählige Verfahren, Materialien und Trends bringen immer wieder neuen Wind in die dynamische Branche. Im Zusammenspiel mit den unterschiedlichsten Nachbearbeitungsverfahren scheint die Auswahl des passenden Verfahrens diffizil zu sein.


In unserer vierteiligen Wissensreihe erhalten Sie einen Einblick in die Welt der additiven Fertigung und in den Workflow zur Nutzung der additiven Fertigungsverfahren. Bestandteil des zweiten Beitrags zur Reihe sind Überlegungen und Betrachtungsweise zur Einschätzung, wann der Einsatz additiver Fertigungsverfahren sinnvoll ist und welche Vorteile mit der Nutzung einhergehen. Im dritten Beitrag folgt die Beschreibung technischer Aspekte bei der Auswahl des passenden additiven Fertigungsverfahrens, bevor im letzten Teil wirtschaftliche Aspekte beleuchtet werden. Hilfreiche Praxistipps für die Auswahl der geeigneten Kombination aus Verfahren, Material und Nachbearbeitung erhalten Sie in unserem kostenlosen Praxisratgeber.

Der Workflow in der additiven Fertigung


Additiv gefertigte Bauteile werden, unabhängig von dem gewählten Verfahren, schichtweise aufgebaut. Wie der Name schon sagt, wird dabei zur vorherigen Schicht Material dazu addiert. Um diesen Prozess besser verstehen zu können, betrachten wir im ersten Schritt die gesamte Prozesskette. Diese wird in die Prozessschritte vor dem Druck (Preprocess), während des Drucks und nach (Postprocess) dem Druck unterschieden.

Preprocess

In jedem Fall wird vor dem Druckstart ein digitales Modell von dem Bauteil benötigt, das gedruckt werden soll. Dabei besteht die Möglichkeit, ein physisches Bauteil zu scannen oder oder ein neues Modell mit Hilfe einer CAD-Software zu konstruieren. Liegt das Modell digital vor, muss es noch im richtigen Format für die weitere Verarbeitung gespeichert werden.


Als Standard-Format wird hier das STL-Format (Standard Transformation Language) genutzt. Dabei wird das Modell in einer bestimmten Auflösung mit Hilfe von kleineren und größeren Dreiecken nachgebildet. Je nachdem welche Software zum späteren Slicen des Bauteils genutzt wird, können auch andere Formate wie beispielsweise STEP, OBJ oder 3MF genutzt werden. 


Nachdem das Bauteil im passenden Format gespeichert wurde, folgt die Positionierung des Bauteils im Bauraum, auch Nesting genannt. Dafür wird das Bauteil in den "Slicer" geladen und entsprechend ausgerichtet, sodass es optimal gedruckt werden kann.


Bei vielen additiven Fertigungsverfahren ist es sinnvoll, den gesamten Bauraum des Druckers mit Bauteilen zu füllen. Dabei werden die Bauteile verschachtelt, damit so viele Bauteile wie möglich in einem Druck hergestellt werden. Daraus resultiert, dass unter dem Begriff Nesting (deutsch=verschachteln) mehr als nur die reine Positionierung der Bauteile verstanden wird. Für das Nesting gibt es bereits unterschiedliche Software und Algorithmen, die das Nesting automatisch durchführen, wobei in den meisten Fällen eine manuelle Nachbearbeitung notwendig wird.


Ist das Bauteil richtig positioniert, kommt der Slicer zum Einsatz. Dieser sliced (deutsch=schneidet) das Bauteil parallel zur x-y-Ebene in Schichten und gibt eine Datei aus, welche dem Drucker zugeführt wird. In dieser Datei wird genau beschrieben, welche Befehle wann ausgeführt werden müssen, um das Bauteil entsprechend der Ausrichtung herzustellen.

Tipp: Je nach Geometrie und Slicer bietet es sich teilweise an, das Bauteil in ein anderes Dateiformat als STL zu überführen. Aufgrund der Darstellung in Dreiecken kommt es bei Bauteilen mit vielen Rundungen zu einem Zielkonflikt zwischen der Auflösung und der Dateigröße. Je genauer das Bauteil abgebildet wird, desto größer wird die Datei.

Tipp: In den meisten Fällen ist mit einer geringen Geometrieabweichung des Bauteils während bzw. nach dem Druck zu rechnen. Diese Abweichung ist abhängig vom gewählten Verfahren und Material. In der Regel schrumpft das Bauteil um 0,1-0,2 mm, was bei der Konstruktion zu berücksichtigen ist.

Die additive Fertigung

Um das gewünschte Bauteil nun drucken zu können, muss in den meisten Fällen der Drucker bzw. die Anlage zunächst vorbereitet werden. Je nach Verfahren und Material muss hierfür im ersten Schritt das Material in den Drucker geladen, die Bauplattform vorbereitet und das Druckbett vermessen werden.


Ist die 3D-Druck Datei in den Drucker geladen worden, kann der Druck gestartet werden. Ab diesem Punkt sind die Einflussmöglichkeiten auf das Druckergebnis gering. Die modernen 3D-Drucker im Industriebereich gleichen heutzutage größeren Industrieanlagen und regeln den Druckprozess automatisch.

Postprocess

Die weiteren Prozessschritte nach dem Druck sind stark abhängig von dem Bauteil selbst, dem ausgewählten Verfahren, der Ausrichtung des Bauteils im Bauraum und dem verwendeten Material. Ist der Druck erfolgreich abgeschlossen, muss das Bauteil jedoch in jedem Fall aus dem Drucker entnommen und von der Bauplattform gelöst werden. Hierfür sind je nach Verfahren unterschiedlich viele Prozessschritte notwendig. Wird beispielsweise ein pulverbettbasiertes Fertigungsverfahren gewählt, so muss im ersten Schritt das nicht verwendete Pulver aus dem Bauraum entfernt werden.


Wurde das Bauteil erfolgreich von der Bauplattform gelöst, müssen im nächsten Schritt in Abhängigkeit von der Geometrie des Bauteils, der Ausrichtung und dem Verfahren die Stützstrukturen entfernt werden. Diese sind einerseits zum Drucken von Überhängen oder feinen Details notwendig und teilweise verfahrensbedingt zu empfehlen. Im Anschluss stehen unzählige Nachbearbeitungsverfahren zur Verfügung, um das Bauteil zu veredeln.


Dabei kann das Bauteil geschliffen, lackiert, gedreht, gefräst oder auch chemisch nachbearbeitet werden. Grundsätzlich besteht jedoch das Ziel die Nachbearbeitungsschritte aufgrund der entstehenden Kosten auf ein Minimum zu reduzieren. Nichtdestotrotzt muss im Einzelfall analysiert werden, welche Kombination von additiven Verfahren und Nachbearbeitungsverfahren wirtschaftlich möglicherweise sinnvoll ist.

Tipp: Der Nachbearbeitungsaufwand kann durch eine angepasste Konstruktion sowie die intelligente Bauteilausrichtung auf ein Minimum reduziert werden. Für die Umsetzung stehen für die unterschiedlichen Verfahren sogenannte „Konstruktionsrichtlinien“ oder „Design-Rules“ zur Verfügung. Für die intelligente Bauteilausrichtung wird ein tieferes Prozessverständnis oder entsprechende Software benötigt.

Verpassen Sie keine 3D-Druck Neuigkeiten mehr

Melden Sie sich zu unseren Newsletter an

Lesen Sie passend zum Thema weitere Beiträge

Möglichkeiten und Potenziale der additiven Fertigung

Share by: